Gefährliche Erleuchtung -
Gefechtsschießen mit und ohne Beleuchtung
© NVA-Interessengemeinschaft Halle/Saale
NVA-Interessengemeinschaft Halle/Saale
Folge 39
Am 1.März 2016 begehen wir den 60. Jahrestag der Gründung der Nationalen Volksarmee. In Vorbereitung dieses
Höhepunktes wollen wir an dieser Stelle in loser Folge über die Entwicklung der NVA von ihren Anfängen als kasernierte
Volkspolizei hin zu einer gut ausgerüsteten, hervorragend ausgebildeten und stets gefechtsbereiten Koaltionsarmee
berichten. Dabei werden insbesondere Zeitzeugen und verdienstvolle Armeeangehörige mit eigenen Erlebnissen, Eindrücken
und Geschichten zu Wort kommen, deren politisches und militärisches Leben eng mit unserer 11. MSD verbunden war.
Es war in der Zeit vom 01.12.1968 – 30.11.1970, als die Gefechtsbeleuchtung durch Überschießen der „angreifenden
Truppe“ mit Granatwerfern und FLG-5000 noch üblich war.(Später war dieses aus Sicherheitsgründen verboten…nur
seitliches Überschießen war gestattet)
Die Kompanieübung mit Gefechtsschießen war immer ein Höhepunkt der Gefechtsausbildung
sowohl für die Kompanie als Truppe aber auch für den KC. Diese Aufgabe als KC hatte ich auf Grund der Kürze der Zeit nur
einmal, als Besonderheit bei Nacht und mit einem Panzerzug verstärkt. War für die Mot.-Schützen die Sicht bei Dunkelheit
schon eingeschränkt, war sie für die Panzerbesatzungen, damals noch der T-34/85, erheblich eingeschränkter. Das
Hauptaugenmerk lag in der Vorbereitung auf den Abschnitt des Gefechtsschießens, des Erreichens einer hoher
Trefferquote, besonders auf die konsequente Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen.
Bei der Verlegung zum TÜP ANNABURG im Frühjahr 1970, auf den Landweg, gab es schon den ersten Ärger. Ein Zivil-
LKW überholte unberechtigt unsere SPW-152 Kolonne und kollidierte fast mit einem SPW, der fast auf Fahrbahnmitte fuhr.
Beim Ausweichmanöver rutschte der LKW in den Straßengraben. Der Ausgangsraum für das nächtliche Gefechtsschießen
wurde bezogen und alle mir bekannten Methoden der Vorbereitung praktiziert. (Die beiden Scharfschützen bekamen
natürlich auch einige Patronen mehr als geplant war. Das Anbringen der Taschenlampen am Rücken hatte durchaus seine
Tücken.) Der Bataillonskommandeur lies Richtungsfeuer aufstellen(sehr einfache Blechbehältnisse mit Altöl, Diesel und
alten Putzlappen getränkt, die ihren Geist zum Teil bereits zu Beginn des Gefechtsschießens aufgegeben hatten dann aber
durch Qualm auch noch die Sicht erschwerten). Nach der Artillerievorbereitung begann dann das eigentliche
Gefechtsschießen, Panzer etwas voraus fahrend, die Züge in Schützenkette folgend, die Panzer hatten auf der Rückseite
ihres Turms eine Beleuchtung, (wenn ich mich richtig erinnere, waren es farbige Petroleumlampen), um von den Mot.-
Schützen besser gesehen zu werden. Schwierig wurde es, als die Scheibenfelder auftauchten. Es war kaum zu
unterscheiden, was Zielscheibenbeleuchtung, Richtungs- und Signalfeuer, Gefechts-feldbeleuchtung und Leuchtspuren
waren, die durch Leuchtspurgeschosse entstanden. Es war schwer: unter welcher Beleuchtung ist also der „Gegner“
(beleuchtete, blinkende Scheiben) zu finden.
Oberst a.D. Dipl.-mil. Knut Thein
Der GWZ schoss die Gefechtsfeldbeleuchtung aus Granatwerfern
aber auch mit FLG 5000, dann war es z. Teil so hell, dass man die
Blinklichter nicht richtig erfassen konnte. Die Funkgeräte für die
Zugführer ( R-126) erwiesen sich als keine Hilfe in der Verbindung
zu mir, meine Stimme musste diese Aufgabe übernehmen und meine
eingesetzten Melder hatten ihr Laufpensum übererfüllt. Die Etappe
Gefechtsschießen ging dem Ende entgegen, da rutsche mir fast das
Herz in die Hose. Obwohl noch in die Richtung geschossen wurde,
sah ich durchs Doppelglas, wie zwei Soldaten den Kampf mit dem
Bajonett mit noch stehenden Gegner (Scheiben) aufnahmen. Als
letzte Etappe des Gefechtsschießens, galt es einen Gegenangriff
abzuwehren, das gelang auch erfolgreich. Ich war im Begriff Signal
Rot (alles Halt, Waffen entladen, Sicherheit melden)zu schießen, als
neben mir Reste eines Leuchtgeschoßes einschlugen, ein Sprung
unter den SPW schien mir als einzige Rettungs-Möglichkeit. Nach
Einstellung des Beleuchtungsfeuers und Herstellung der Sicherheit,
konnte dieser Abschnitt erfolgreich beendet werden, ohne dass
Jemand Schaden genommen hatte. Eine Nacht, die ich nicht
vergessen werde.
Aufgeschrieben von Knut Thein
Damals 1969 KC und Leutnant im MSR-18
Unser Autor, hier 2014 bei einer
gemeinsamen Veranstaltung