Im Vorfeld zum 60. Jahrestag unserer Nationalen Volksarmee kommen einem verstärkt Erinnerungen aus der fast 17-jährigen
Berufsoffizierszeit. Da ich die gesamte Zeit im Panzer- und Kfz-technischem Dienst gedient hatte, beziehen sich diese
Erinnerungen natürlich auf die Höhepunkte in diesem Fachdienst. Zweimal alljährlich gab es bei allen technischen Diensten der
Landstreitkräfte (u.a. auch bei Artillerie und andere Großgeräten) große Aufregung und Anspannung. Ich meine hiermit die
sogenannte „Umstellung der Technik auf die Sommer- bzw. Winternutzungsperiode“. Eine große, meist aufwändige und
Technik muss gewartet werden!
© NVA-Interessengemeinschaft Halle/Saale
NVA-Interessengemeinschaft Halle/Saale
Folge 7
April 1961 PB/MSR-16 Morgenappell bei der Umstellung auf die Sommernutzung
Am 1.März 2016 begehen wir den 60. Jahrestag der Gründung der Nationalen Volksarmee. In Vorbereitung dieses
Höhepunktes wollen wir an dieser Stelle in loser Folge über die Entwicklung der NVA von ihren Anfängen als kasernierte
Volkspolizei hin zu einer gut ausgerüsteten, hervorragend ausgebildeten und stets gefechtsbereiten Koaltionsarmee
berichten. Dabei werden insbesondere Zeitzeugen und verdienstvolle Armeeangehörige mit eigenen Erlebnissen, Eindrücken
und Geschichten zu Wort kommen, deren politisches und militärisches Leben eng mit unserer 11. MSD verbunden war.
anstrengende Aktion. Heute würde man sagen, sie bedurfte einer ausgefeilten Logistik. Sie war ja nicht nur darauf beschränkt,
dass z. B. die Fahrer der gepanzerten und Räder-Fahrzeuge. ihre Technik mal ein wenig intensiver kontrollierten, nein, da
steckte wesentlich mehr dahinter.
Zuerst musste die Mindesterhaltung der ständigen Gefechtsbereitschaft gewährleistet bleiben. Das hieß, ein Drittel aller
Militärtechnik musste stets voll einsatzbereit sein. Also konnte nicht durchweg in einer Hau-Ruck-Aktion oder Fließbandarbeit
eine Demontage/Montage von zu überprüfenden und zu wartenden Baugruppen an der gesamten Panzer- und Räder-Technik
gleichzeitig vorgenommen werden. Des Weiteren musste von den Offizieren der anderen beteiligten Fachdienste, gemeint
hiermit auch die der Rückwärtigen Dienste ( für saisonbedingte Öle, Fette, Treibstoffe ) und uns als technischen Dienste ( für
erwartungsgemäß erforderlichen Austausch von Verschleißteilen ) rechtzeitig eine Materialanforderung erarbeitet und bei der
nächsthöheren Struktureinheit durchgesetzt werden. Mit der Anforderung allein war es nicht immer erledigt. Trotz aller
Versorgungsvorzügen der bewaffneten Organe der DDR gab es doch hier und da erhebliche Engpässe. Aber zum Zeitpunkt des
Beginns der Umstellungsarbeiten mussten wir die materielle Sicherstellung realisiert haben. Ein eventuell längeres bedingtes
Herumstehen demontierter Technik und Warten auf bestimmte Betriebsmittel oder Ersatzteile löste immer sehr großes
Aufsehen aus, dass dann auch Auge und Ohr des jeweiligen Kommandeurs erreichte. Zudem musste alltäglich der Stand der
Umstellungsarbeiten und der Prozentsatz der einsatzbereiten Technik der nächsthöheren Struktureinheit gemeldet werden.
Und wehe, der Mindest-Einsatzkoeffizient war nicht eingehalten. Der generelle Umstellungszeitraum März/April auf die
Sommernutzung und Oktober/November auf die Winternutzung brachte mitunter auch witterungsbedingte Probleme.
Platzbedingt konnte die Großtechnik nicht grundsätzlich in überdachten Räumen de- oder montiert werden. Gegen mögliche
negative Witterungseinflüsse mussten wir aber Vorsorge treffen, damit die jetzt technologisch teils unbewegliche Technik nicht
gefährdet und das arbeitende Personal leistungsfähig gehalten wurde. Weiterhin musste das bei den Umstellungsarbeiten die
Anzahl des benötigten Hilfs- Personals geplant werden, denn Wach- und 24-Std.-Dienste bzw. andere objektbedingte Dienste
liefen weiter.
Die Polit-Organe hatten Sorge, dass der allwöchentliche staatsbürgerliche Unterricht nicht ausfiel, während die
Verantwortlichen der technischen Dienste um jede Stunde praktischer Arbeit an der Technik kämpften. Wir Fachoffiziere waren
rund um die Uhr während der Arbeiten helfend und prüfend vor Ort.
Der Abschluss zu dieser 2 x im Jahr stattfindenden Aufregung war dann die Überprüfung der auf die jeweilige Nutzungsperiode
Ausrüstungskontrolle zum Abschluss
der VTNP (Vorbereitung Technik auf
die neue Nutzungsperiode)
umgestellten Panzer- und Rädertechnik sowie anderer Großgeräte.
Wenn diese Überprüfung durch eine Kommission der höheren Struktureinheit
angesetzt wurde, war deren Einschätzung und Ergebnis oft ein lang
anhaltendes Urteil über die überprüfte Einheit bzw. über das Truppenteil und
dessen Kommandeur. Selbstverständlich strahlte die erreichte Note der
Überprüfung auch direkt positiv oder negativ auf uns Fachoffiziere der
technischen Dienste aus.
Trotz alledem empfand ich alle diese Jahre erlebnisreich, wertvoll und schön.
Werner R a m m e l t
Oberstleutnant a.D.