Thomas Engelhardt OIJA 11.MSD
Volksarmee und Volkswirtschaft
© NVA-Interessengemeinschaft Halle/Saale
NVA-Interessengemeinschaft Halle/Saale
Folge 21
Am 1.März 2016 begehen wir den 60. Jahrestag der Gründung der Nationalen Volksarmee. In Vorbereitung dieses
Höhepunktes wollen wir an dieser Stelle in loser Folge über die Entwicklung der NVA von ihren Anfängen als kasernierte
Volkspolizei hin zu einer gut ausgerüsteten, hervorragend ausgebildeten und stets gefechtsbereiten Koaltionsarmee
berichten. Dabei werden insbesondere Zeitzeugen und verdienstvolle Armeeangehörige mit eigenen Erlebnissen, Eindrücken
und Geschichten zu Wort kommen, deren politisches und militärisches Leben eng mit unserer 11. MSD verbunden war.
Der Deckel des Tankes fällt, gefährlich wie aufregend.
Der erste Schnitt dabei - unser Autor, als Oberleutnant
hautnah dabei
Vorab
Als Volksarmee ist die NVA nicht nur eine Armee des Volkes, sie ist natürlich auch auf das Engste mit der Volkswirtschaft
verknüpft. Und so ist es nur folgerichtig, dass Potentiale, Errungenschaften, aber auch Engpässe und Schwierigkeiten ihren
Niederschlag im militärischen Leben fanden. Kilometerbegrenzungen, der Kampf um Verbrauchsmaterialien bei den VNP’s,
Fehlstellen im STaN sind noch in guter Erinnerung. „Historiker“ mögen dies als „Schwäche“ ausmachen, aber welches Substantiv
beschriebe dann treffend den Umstand, dass eine deutsche Armee der Gegenwart Personal und Ausrüstung aus dem ganzen Heer
zusammenklauben muss, um einigermaßen erfolgreich an einer größer angelegten Übung im Koalitionsbestand teilnehmen zu
können?
Doch zum Thema:
In den 70 er Jahren führten wirtschaftliche wie geopolitische Tendenzen und Ereignisse zu einer zunehmenden
Rohstoffverknappung, insbesondere im Bereich der fossilen Brennstoffe, man sprach bereits von einer Weltenergiekrise
(Sonntagsfahrverbot in der BRD). Erdöl wurde zur knappen wie teuren Ressource, zumal die (VR) Polen zum Unsicherheitsfaktor
bei den sowjetischen Energielieferungen an die DDR geworden waren. Wie also Öl sparen, die Energieversorgung sichern? Eine
nachvollziehbare Alternative aus der damaligen Sicht: Rückbesinnung auf einheimische Rohstoffe, also Kohle. Mit der
Konsequenz, dass auch in Standorten unserer Division die Energieversorgung von Öl auf Kohle umgestellt werden musste. So
geschehen 1983 im Standort Bad Frankenhausen. Hier wurde das moderne Ölheizkraftwerk in Eigenleistungen abgerissen und
dafür ein Kohleheizkraftwerk aufgebaut. Dies war auch eine große politische Herausforderung, war doch allen Beteiligten die
Wichtigkeit und wirtschaftliche Einordnung des Vorhabens klar zu machen. Dazu wurde eine MSK innerhalb kommandiert. Die
Fachkräfte, z.B. Bauingenieure wurden aus den Reservisten des III.MB rekrutiert, ihnen oblag der Bau des Heizhauses.
Ausgebildete Schweißer wurden hinzu kommandiert. Sie waren für die Installation der neuen Dampfleitungen zuständig. Ich
erinnere mich, dass selbige nach Halle mussten, um sich am damaligen ZIS (Zentralinstitut für Schweißtechnik) zu qualifizieren,
bzw. um die erforderlichen Zulassungen zu erwerben. Für so manchen Schweißer gab es eine Ernüchterung, als klar wurde, wer
welche Probeschweißnaht wie angelegt hatte und damit eine Mitarbeit an diesem Projekt aus Qualitätsgründen ausgeschlossen
war. Eine der größten Herausforderungen: Der Rückbau der Öltanks. Klar, waren sie geleert worden. Aber niemand wusste, wie
sich eventuelle Ölreste verhielten, wenn der Schweißbrenner zum Zerlegen der Tanks angesetzt wurde. Wo musste man
überhaupt beginnen, damit die Tanks nicht instabil wurden, zusammenbrachen und womöglich die beschäftigten Soldaten dabei
in die Tiefe rissen. Um dies zu verhindern, wurden die Tanks tagelang mit Dampf erwärmt. Dadurch liefen die letzten Ölreste an
der Innenwand ab. So war die Gefahr durch gefährliche Gase gebannt. Nun wurde von einem festen Gerüst aus Element für
Element der Außenhaut und des eigentlichen Tanks entfernt. Der erste Schnitt war der gefährlichste. Aber Dank der
gewissenhaften Vorbereitung und der engen fachlichen Zusammenarbeit mit den Spezialisten hat alles gut geklappt.
Gut in Erinnerung blieben die wöchentlichen Beratungen mit ihnen, geleitet durch Major Brandt.In diesem Prozess entstand auch die Gleisanlage, welche zukünftig dem Transport der Kohle
dienen sollte. Keine Frage, das Gesamtprojekt wurde erfolgreich und termingerecht abgeschlossen, für mich war es eine lehrreiche, interessante wie anspruchsvolle Herausforderung.
Unser Autor,
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