Die zweistufige KSÜ „Zwillinge“ der 11. und 4. MSD stand vor der Tür. Begonnen wurde diese KSÜ mit einem langen Marsch vom
TÜP Annaburg in Richtung der angenommenen Staatsgrenze, die auf den Gefechtskarten unübersehbar quer über dem TÜP Ohrdruf
eingezeichnet war.
Wie üblich führte ich die 1. Staffel des Gefechtsstandes (GS) unserer Division und hatte dazu eine Funkstelle kleiner Leistung R-125
auf dem Fahrzeug GAZ 69.
Die Ausstiegsluke am GAZ 69
Am 1.März 2016 begehen wir den 60. Jahrestag der Gründung der Nationalen Volksarmee. In Vorbereitung dieses
Höhepunktes wollen wir an dieser Stelle in loser Folge über die Entwicklung der NVA von ihren Anfängen als kasernierte
Volkspolizei hin zu einer gut ausgerüsteten, hervorragend ausgebildeten und stets gefechtsbereiten Koaltionsarmee
berichten. Dabei werden insbesondere Zeitzeugen und verdienstvolle Armeeangehörige mit eigenen Erlebnissen, Eindrücken
und Geschichten zu Wort kommen, deren politisches und militärisches Leben eng mit unserer 11. MSD verbunden war.
Zur 2. Staffel des GS unserer Division und der RFG hatte ich ständig über eine der beiden UKW-Stationen Verbindung und der Marsch verlief auch ohne besondere
Vorkommnisse. Wir hatten den Raum WEISSENFELS–LAUCHA passiert und befanden uns mit den Kolonnen vor den kleinen Gebirgen „Hohe Schrecke“ und „Finne“,
fuhren weiter durch Bad Bibra und näherten uns dem Ort „Saubach“. Ich warf einen Blick auf meine Marschkarte:
Ach, wieder so ein verwinkeltes „Scheißnest“ und dann diese kurvenreichen Strecke, da muß ich dem Kraftfahrer ab und an ein paar Hinweise geben, damit er bei dieser
eintönigen Kolonnenfahrt seine Konzentration nicht verliert. Gerade hatte ich diesen Gedanken beendet, als ich den Kraftfahrer auf die vor uns liegende scharfe
Rechtskurve aufmerksam machte. Aber der Kraftfahrer knurrte nur etwas, denn ihn hatte offensichtlich der Sekundenschlaf erwischt. Die Rechtskurve schaffte er nur noch
halb und das Fahrzeug landete auf der Seite liegend im linken Straßengraben. Der hinten sitzende Truppführer und sein Funker stiegen recht unkompliziert nach hinten
aus, aber der Kraftfahrer und ich, wir mußten nun die Funkstation durch die nach oben geklappte Fahrzeugtür herausklettern. Der bereits am Straßenrand stehende
Truppführer meinte lächelnd, als er uns mit Mühe durch diese Öffnung klettern sah: „Ein Ausstieg wie aus einer Panzerluke !“
Zum Glück gab es bei dieser „Landung“ und dem „panzermäßigen Absitzen“ nur einen geringfügigen Materialschaden, den der STKTA, Hauptmann Malke, zwar schnell
beheben ließ, es sich aber nicht bei der Bergung des Fahrzeuges verkneifen konnte, das Wort „Regreß“ einige Male vor sich hin zu murmeln, weil ich als Fahrzeugbegleiter
ja zum vorgesetzten Stab gehörte.
Oberstleutnant a.D. Ernst Witthuhn
© NVA-Interessengemeinschaft Halle/Saale
NVA-Interessengemeinschaft Halle/Saale
Folge 3
Der GAZ69 vor dem Einsteigen von Ernst Witthuhn
Der GAZ69 nach dem Aussteigen
von Ernst Witthuhn
Technische Daten
Länge: 3.850 mm
Breite: 1.750 mm
Höhe: 2.030 mm
Gewicht: 1525 kg
Geschwindigkeit: 90 km/h
Leistung: 55 PS (bei 3.600/min)
Motordrehmoment: 124,6 Nm (12,7 kpm)
Zylinder: 4
Hubraum: 2,12 Liter
Tankinhalt: 48 l (Haupttank), 27 l (Reservetank)
Im Jahr 1953 wurde der Geländewagen GAZ-69
vorgestellt und wurde beim Fahrzeugbauer Gorkowski
Awtomobilny Sawod (russisch Горьковский
автомобильный завод (ГАЗ), engl. Transkription
Gorkovsky Avtomobilny Zavod (GAZ), deutsch: Gorkier
Automobilwerk) bis 1955 hergestellt. Schon 1954 wurde
damit begonnen, die Produktion des GAZ-69 zu
verlagern. Er sollte nun bis 1972 von der Uljanowsker
Automobil-Fabrik hergestellt werden. (wikipedia)