Und als der krieg im vierten lenz keinen ausblick auf frieden bot
da zog der soldat seine konsequenz und starb den heldentod.
der krieg war aber noch nicht gar drum tat es dem kaiser leid
daß sein soldat gestorben war: es schien ihm noch vor der zeit.
der sommer zog über die gräber her und der soldat schlief schon.
da kam eines nachts eine militärische ärztliche kommission.
es zog die ärztliche kommission zum gottesacker hinaus
und grub mit geweihtem spaten den gefallnen soldaten aus.
der
doktor
besah
den
soldaten
genau
oder
was
von
ihm
noch
da
war
und
der doktor fand, der soldat war k. v. und er drückte sich vor der gefahr.
und sie nahmen sogleich den soldaten mit die nacht war blau und schön.
man konnte, wenn man keinen helm aufhatte die sterne der heimat sehn.
sie
schütteten
ihm
einen
feurigen
schnaps
in
den
verwesten
leib
und
hängten zwei schwestern in seinen arm und ein halb entblößtes weib.
und
weil
der
soldat
nach
verwesung
stinkt
drum
hinkt
ein
pfaffe
voran
der
über ihn ein weihrauchfaß schwingt daß er nicht stinken kann.
voran die musik mit tschindrara spielt einen flotten marsch.
und der soldat, so wie er's gelernt schmeißt seine beine vom arsch.
und brüderlich den arm um ihn zwei sanitäter gehen
sonst flöge er noch in den dreck ihnen hin und das darf nicht geschehn.
sie malten auf sein leichenhemd die farben schwarz-weiß-rot
und trugen's vor ihm her; man sah vor farben nicht mehr den kot.
ein herr im frack schritt auch voran mit einer gestärkten brust
der war sich als ein deutscher mann seiner pflicht genau bewußt.
so zogen sie mit tschindrara hinab die dunkle chaussee
und der soldat zog taumelnd mit wie im sturm die flocke schnee.
“Der Große Krieg”
Vor 100 Jahren, am 02.08.1914,
begann der 1. Weltkrieg
© NVA-Interessengemeinschaft Halle/Saale
Tagen ist die neue Webpräsenz der NVA-Interessengemeinschaft Halle/Saale am Netz
Seit
“Legende vom Toten Soldaten”, Berthold Brecht 1918
die katzen und die hunde schrein die ratzen im feld pfeifen wüst:
sie wollen nicht französich sein weil das eine schande ist.
und wenn sie durch die dörfer ziehn waren alle weiber da
die bäume verneigten sich, vollmond schien und alles schrie hurra.
mit tschindrara und wiedersehn! und weib und hund und pfaff!
und mitten drin der tote soldat wie ein besoffner aff.
und wenn sie durch die dörfer ziehn kommt's, daß ihn keiner sah
so viele waren herum um ihn mit tschindra und hurra.
so viele tanzten und johlten um ihn daß ihn keiner sah.
man konnte ihn einzig von oben noch sehn und da sind nur sterne da.
die sterne sind nicht immer da es kommt ein morgenrot.
doch der soldat, so wie er's gelernt zieht in den heldentod.